9.8.08

Samstags-Lob (3)



"Den Nachmittag des folgenden Tages verbrachte ich in meinem Sessel am Fenster, ein aufgeschlagenes Buch auf den Knien. Ich sah hinaus, ohne wirklich etwas zu sehen. Es war recht angenehm.
"Meine liebste Unterhaltung an Samstagabenden", soll Bob Hope gesagt haben, "ist es, im Sessel zu sitzen und darauf zu warten, welches Bein zuerst einschläft." Mir geht es genauso. Bedauerlicherweise ist es nicht ganz ungefährlich, dieser Neigung freien Lauf zu lassen.
Was als harmloses Vergnügen beginnt, wächst sich im Verlauf des Abends nur allzu leicht zu einem unbekömmlichen Zustand verbissenen Gegen-den-Strom-Sitzens aus. Zu sehr kollidiert, zumindest an einem Ort wie Berlin, der mühelos durch Hauswände und geschlossene Fenster sich mitteilende unbedingte Amüsierwille der Außenwelt mit dem stillen Verweigern desselben durch den Sitzenden. Kurz: Man fühlt sich nach einer Weile nicht mehr wohl. Trotz mischt sich unter das Behagen, Starre bemächtigt sich der entspannten Glieder, Melancholie verdüstert den Geist ..."

(H. Gerbig: Berliner Teufelskreis)

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